AIAIM Block #11: Zwischenziele – Race Test im Kraichgau

Neckarsulm, 04.06.2023

Auf dem Weg zu einem großen Ziel ist es sinnvoll Zwischenziele zu definieren. Diese Zwischenziele sind für die Motivation extrem hilfreich und ermöglichen es zu prüfen ob der eingeschlagene Weg der richtige ist oder ob es Anpassungen geben muss. Reflektion, richtige Schlüsse ziehen und Flexibilität sind erforderlich um den ursprünglich geplanten Weg jederzeit korrigieren zu können.

Genau aus diesen Gründen habe ich 6 Wochen vor dem Ironman Frankfurt einen Testwettkampf eingeplant, den Ironman 70.3 in Bad Schönborn im Kraichgau. Das Event hat mir viele Erkenntnisse gebracht und ich konnte sehr viel lernen.

Rennbericht Ironman 70.3 Kraichgau

Der Ironman 70.3 im Kraichgau hat nicht weit weg von unserem Wohnort Neckarsulm stattgefunden. Die 60 km Fahrt nach Bad Schönborn kannte ich ja schon von meiner missglückten Radtour bei der ich die Radstrecke abfahren wollte und die mit einem Platten und einer netten Taxi-Fahrt geendet war.

Die Organisation:

Die Organisation eines großen Triathlon-Events ist sowohl für die Veranstalter als auch für die Teilnehmer eine komplexe Angelegenheit. Wie gewohnt hatte die Organisation Ironman das Event super geplant und durchgeführt. Es war eine tolle Veranstaltung!

Aus Sicht des Teilnehmers, stand am Samstag die Registrierung und das obligatorische Race-Briefing in Bad Schönborn auf dem Plan. Außerdem wurden die Wechselbeutel für die zwei Wechsel vom Schwimmen aufs Rad sowie vom Rad zum Laufen gepackt und beim Bike Check-In zusammen mit dem Rad abgegeben. Dabei ist es durchaus eine kleine Herausforderung zu planen welches Equipment wann benötigt wird. Es sollen ja nicht die Träume der unruhigen Nächte vor dem Wettkampf Realität werden, bei dem die Laufschuhe im Beutel des zweiten Wechsels fehlen (siehe auch Blog#7 (Alp-) Träume).

 
Es sind nicht nur der blaue und rote Wechselbeutel zu packen, sondern es muss auch überlegt werden, was für die erste Disziplin das Schwimmen benötigt wird: Neoprenanzug, Badekappe, Schwimmbrille, Triathlonanzug, Sportuhr, Herzfrequenz Gurt, eine Flasche mit Sportgetränk, 2 Gels für die Kohlenhydratversorgung, Badelatschen. Die Dinge wie Duschutensilien, die nach dem Rennen benötigt werden, kommen dann in den dritten Beutel der weiß ist.

Race Day: am Sonntagmorgen klingelte der Wecker um 4:30 Uhr. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit einigen Honigbrötchen ging es dann wieder von Neckarsulm in den Kraichgau. Dort angekommen wurde in der Wechselzone erstmal das Bike mit Trinkflaschen, Gels und Fahrrad-Computer ausgestattet. Dann der weißen Beutel abgeben und rein in den Neopren-Anzug um ein paar Meter im 17 Grad kalten Wasser des Hardtsees zum „Aufwärmen“ schwimmen.

Lessons Learned:

Boh, die Organisation eines Triathlon ist schon etwas stressig! Aber es ist fast alles perfekt gelaufen! Nur eine Kleinigkeit kann verbessert werden: die Adiletten hatte ich Tatjana vor dem Einschwimmen übergeben. Sie hat sie sicher verstaut. Allerdings fehlten mir diese Badelatschen nach dem Wettkampf beim Duschen. Und da die Duschanlage durch die vielen Athleten schon ziemlich mitgenommen aussahen, hätte ich mir die Adiletten wirklich gewünscht. Also für Frankfurt => Adiletten gehören in den weißen Beutel!:-)

Die Rennstrategie:

Meine Rennstrategie war eigentlich ganz einfach: effizient Schwimmen, ausreichende Verpflegung beim Radfahren und das Laufen irgendwie überstehen. Also genauso wie ich es für den Ironman Frankfurt vor habe.

Das Schwimmen (1,9 km in 38:08 min):

Das Ziel beim Schwimmen war es die 1,9 km ganz locker anzugehen um ohne große Anstrengung zum Radfahren wechseln zu können. Denn der Tag ist nach dem Schwimmen, insbesondere dann in Frankfurt, noch sehr lang. Das lockere Schwimmen ist mir sehr gut gelungen und ich bin mir einigermaßen sicher, dass ich das selbe Tempo wie im Kraichgau auch bei der doppelten Distanz durchschwimmen kann, ohne dass ich total kaputt aus dem Wasser steige.
Beim Schwimmen hatte ich das erste Mal einen Rolling Start miterlebt. Dabei ordnet man sich gemäß seiner erwarteten Schwimmzeit in eine Gruppe ein. Dann starten alle 5 Sekunden 4 Schwimmer. Durch die ungefähr gleichschnellen Mitschwimmer ist das Feld um Dich herum wesentlich beruhigt. Es kommt zu viel weniger Stress als beim Massenstart.

Lessons Learned:

Das war ein lockerer Start zum Anfang des Wettkampf. Die Geschwindigkeit von 2 min/100m werde ich auch in Frankfurt angehen.

Das Radfahren (90 km in 3:08:59 Std)

Kraichgau, das Land der 1000 Hügeln! Nun weiß ich das diese Aussage richtig ist! Insgesamt waren auf den 90 km der Radstrecke gemäß meines Garmin Radcomputers 1040 Höhenmeter zu absolvieren. Nach den ersten flachen 10 km ging es gefühlt ständig Bergauf und -ab. Es waren keine sehr langen Anstiege aber die schier nicht enden wollende Anzahl an Bergauf-Passagen haben mich insbesondere in der zweiten Hälfte etwas zermürbt. So ist die Durchschnittsgeschwindigkeit von 28 km/h langsamer ausgefallen als ich vorab erhofft hatte.

Lessons Learned:

In Frankfurt werden es auf der doppelt so langen Strecke 1600 Höhenmeter sein. Das Streckenprofil ist etwas weniger anspruchsvoll aber immer noch ziemlich hügelig. D.h. ich werde für die Folgewochen bewusst Trainingstrecken mit vielen Höhenmeter auswählen um etwas mehr Bums in den Beinen zu bekommen.

Das Laufen (21,1 km in 2:14:19)

Nach dem Radfahren waren meine Beine schon ziemlich müde. Oh ha, habe ich gedacht, und jetzt noch ein Halbmarathon! Es waren insgesamt 3 Runden a 7 km in der Stadt Bad Schönborn zu absolvieren. Fast überall an der Strecke waren Menschen und haben die Athleten angefeuert. Mein toller persönlicher Support von Tatjana, Luca, Fabio und Ellie hatte mir sehr geholfen, so dass der Halbmarathon gefühlt recht schnell vorbeiging. Ich hatte die Taktik bei jeder Verpflegungsstation zu gehen um die Iso Getränk und Gels zu mir zu nehmen. Da der Wettkampftag mit 27 Grad Celsius der erste richtig warme Tag des Jahres war, hatte ich mir bei jeder Station kaltes Wasser über meinen Kopf gekippt und jede mögliche Wasserdusche die am Streckenrand aufgebaut war mitgenommen um meinen Körper zu kühlen. Am Schluss hatte ich eine durchschnittliche Pace von 6:22 min/km.

Lessons Learned:

Die Gehpausen zur fokussierten Aufnahme der Verpflegung haben dazu geführt, dass ich in keinen Zustand der Unterversorgung gekommen bin. Das werde ich in Frankfurt auch so machen.

Die Transition (T1 = 6:28 min, T2 = 5:37 min)

Das wichtigste zuerst. Es hat nichts in den Beuteln gefehlt! So verliefen die Wechsel unproblematisch. Ich hatte mir auch bewusst Zeit gelassen und keine Hektik aufkommen lassen.

Lessons Learned:

Alles gut. In Frankfurt genauso wiederholen.

Die Verpflegung

Die Verpflegung vor und während des Rennens wird häufig als vierte Disziplin des Triathlons bezeichnet. Es ist extrem wichtig dass der Körper, die für die körperlichen Anstrengungen erforderliche Energie zur Verfügung gestellt bekommt. Die Verpflegung ist eine Disziplin die trainiert werden muss. Die Verpflegungsstrategie ist sehr individuell, da nicht jeder Körper die verschiedenen Gels oder isotonischen Getränke verträgt. Magenkrämpfe, Durchfall, Hungerast oder der Wandertag am Schluss sind keine seltenen Auswirkung einer falschen Verpflegungsstrategie.

Das Verpflegungskonzept beginnt schon ca. drei Tage vor dem Wettkampf. Das Carboloading soll die Kohlenhydrat-Speicher des Körpers füllen. Am frühen Morgen des Wettkampftags steht drei Stunden vor dem Start das süße Frühstück an. Für das Rennen hatte ich mir vorab genau ausgerechnet wieviel Kohlenhydrate und Flüssigkeiten ich zu mir nehmen muss, um ohne Versorgungsengpass durch das Rennen zu kommen. Das Konzept sah wie folgt aus: Vor dem Schwimmen habe ich ein Sport Getränk und 2 Gels zu mir genommen. Beim Fahrrad hatte ich 2 Flaschen mit hochdosierten Sportgetränken und 6 Gels dabei. Als die mitgenommen Flaschen leer waren habe ich auf die Getorade Flaschen, die es an den Verpflegungständen gab, umgestellt. Beim Laufen waren dann 2 Gels pro Stunde, Gatorade und Wasser eingeplant.

Lessons Learned:

Das Versorgungskonzept hat funktioniert und ich kann es so auch für Frankfurt nutzen. Ggf. nehme ich auf der Laufstrecke noch eine Trinkflasche in die Hand um mich zwischen den Verpflegungsstationen kontinuierlich zu versorgen.


Meine Gesamtzeit des 70,3 Ironman im Kraichgau war 6:14:19 Std und damit 14 Minuten langsamer als ich ganz am Anfang des Projektes „Am I An Ironman?“ als potentielles Ziel aufgeschrieben hatte. Aber da ich aus dem Wettkampf sehr viele positive Erkenntnisse ziehen konnte und da die Zeit ca. 11 Minuten schneller war als meine bisherige Bestzeit von vor 9 Jahren in Südafrika bei ähnlichen Konditionen, stufe ich den Testwettkampf als vollen Erfolg ein.

Wenn ich die Leistung aus dem Kraichgau zu Grunde lege kann ich eine Gesamtzeit von ca. 13 Stunden in Frankfurt anpeilen.

Gewichtsmanagement:

Mein Gewichtsmanagement mit dem Ziel bis zum Wettkampftag auf unter 90 kg zu kommen ist eine einzige Katastrophe! Die aber mit leckeren Kuchen, Weingummi und dem einen oder anderen Prosecco Glas versüßt wird. Seit Monaten liege ich trotz eines hohen Trainingsaufwandes stabil bei 93 kg. Gewichtsmanagement ist ja einfachste Mathematik: es ist das Verhältnis von Kalorien-Input und -Verbrauch. Bei mir steht zwischen diesen beiden Größen offensichtlich ein Gleichheitszeichen. Und warum? Na siehe selber auf dem Bild…;-)

Trainingsstatistik:

Nun noch der obligatorische Rückblick auf die letzten 4 Trainingswochen. Seit dem letzten Blog Beitrag habe ich im Schnitt 12:40 Std pro Woche trainiert. Also mehr als jemals zuvor. Die KW 19 und 21 waren dabei, gemäß meiner persönlichen Definition, Monsterwochen mit mehr als 15 Trainingsstunden (KW19 = 15:40 Std und KW 21= 16:47 Std). Insgesamt habe ich es in den einem Jahr der Vorbereitung bisher auf 4 Monsterwochen gebracht. In den verbleibenden 4 Vorbereitungswochen sind weitere zwei fest eingeplant.

Nun sind es nur noch 4 Wochen bis zum absoluten Highlight. Nach den anstehenden 2 Monsterwochen geht es dann ins sogenannte Tapern. Tapern heißt dass die zeitlichen Trainingsumfänge reduziert werden um erholt am Tag X an den Start zu gehen. Es liegen also die letzten 4 Wochen einer einjährigen Reise zum Römer im Frankfurt vor mir. Ich freue mich drauf! Insbesondere weil der Testwettkampf im Kraichgau mir gezeigt hat, dass ich auf einem guten Weg bin.

Stay tuned!

Euer Michael

Lessons Learned aus der Testfahrt im Kraichgau: Dank Fahrrad Franz in Heilbronn habe ich nun Tubeless Reifen die weniger plattenanfällig sind.
Erste Testfahrt mit den neuen Tubeless-Reifen: Läuft!
Startnummer für den Ironman 70.3 Kraichgau. Nun als Mitglied des Triathlon Club Bremen.
Am Hardtsee: vor dem Bike Check-In sind die Wechselbeutel schon gepackt.
Check! – Bike Check-In
Alles ist vorbereitet! Nun ins 17 Grad kalte Seewasser zum „Warmschwimmen“
Lucy Charles kommt als erste Pro-Frau aus dem Wasser. Im Hintergrund der Rolling Start der AgeGrouper.
Tracking während des Rennens als Orientierungshilfe für die Supporter.
Was für ein toller Support!
Das offizielle Ergebnis: keine gute Platzierung aber volle Zufriedenheit mit dem Tag im Kraichgau.
Gewichtsmanagement eine Katastrophe! Warum? Darum! Aber so lecker!:-)
Nach Kraichgau: neues Verpflegungskonzept für die langen Läufe mit Salomon Pro 10 Trailrun Weste und zwei 0,5l Trinkgefäßen.

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